Druckgeschwür- und Gelenkversteifungsprophylaxe

Das Druckgeschwür (Dekubitus)

 

Bei anhaltemdem Druck an einer Stelle der Haut werden die Adern zusammengedrückt und die Blutversorgung unterbrochen oder stark eingeschränkt. Dabei werden die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung des Gewebes beeinträchtigt.

Fehlen diese Stoffe jedoch dem Gewebe, sterben die Zellen ab und es entsteht ein Druckgeschwür. Schon eine über zwei Stunden anhaltende Druckbelastung kann zum Gewebetod (Nekrose) führen. Der Umfang der Schädigungen des Gewebes wird bei einem Dekubitus in vier Grade eingeteilt:

 

Grad 1:

Es tritt eine umschriebene Rötung der Haut auf, die sich nicht innerhalb von zwei bis drei Minuten zurückbildet. Ein Hautdefekt ist nicht sichtbar. Wichtig: Wird in diesem Stadium der Druck auf die betreffende Stelle längere Zeit aufgehoben, bildet sich die Hautrötung zurück.

Grad 2:

Es entsteht ein oberflächlicher Hautdefekt, der stark nässend, schmerzhaft und infektionsanfällig sein kann. Eventuell kommt es zunächst zur Blasenbildung. Beachte: An den Fersen kann es zu einer unsichtbaren, in die Tiefe gehenden Blasenbildung (aufgrund der Hornhaut) mit Nekrosenbildung kommen. Die Haut ist erst eröffnet, wenn die Hornhaut abgeschliffen ist.

Grad 3:

Es entsteht ein alle Hautschichten betreffender Defekt, meist bis auf die Knochenhaut; Muskeln, Sehnen und Bänder werden sichtbar.

Grad 4:

Es kommt zur Nekrosenbildung, der Knochen kann jetzt mitbetroffen sein.

 

Alle Körperstellen, an denen Haut auf Knochen aufliegt, wenig Fettgewebe vorhanden ist und auch Muskeln keine Polsterung bieten, sind gefährdet. Die besonders gefährdeten Körperstellen sind in:

 

Zusätzlich gefährdet sind Kranke mit eingeschränkter Aktivität, verursacht durch Lähmungen, körperliche Behinderungen, Sensibilitätsstörungen. Ferner Menschen mit Durchblutungsstörungen, in schlechtem Ernährungszustand (die Haut wird dünn und verletzlich), Übergewicht, Fieber sowie Inkontinente (sie können Harn und Stuhl nicht halten) und Betagte.

 

Vorbeugende Maßnahmen 

a) Druckentlastung

Druck ausgleichen oder aufheben durch: 

 

  • Weichlagerung
  • Regelmäßiges Umlagern
  • Hochlagern
  • Mikrobewegungen

Achtung: Druckstellen durch Falten, Knöpfe, Nähte, Krümel müssen vermieden werden. Reiben und Scheuern (z.B. an harter Bettwäsche) und enger Haut-an-Haut-Kontakt sind ebenfalls möglichst auszuschließen. Verwenden Sie saubere, trockene und weiche Wäsche.

b) Aktivieren und Mobilisieren, Eigenbewegung fördern

Je mehr sich ein Kranker selber bewegt, um so häufiger wird der im Liegen entstehende Druck umverteilt. Die Bewegung außerhalb des Bettes bietet die größte Druckentlastung.

c) Hautpflege

 

  • Achten Sie darauf, daß die Haut immer sauber, trocken und gecremt ist.
  • Gefährdete Haut sollte nur mit ein wenig alkalifreier Seife gewaschen werden.
  • Nehmen Sie nach dem Waschen zur Rückfettung hautschützende und hauternährende Produkte mit hautverwandten Wirkstoffen wie Lanolin und Vitaminzusätzen.
  • Der Intimbereich ist gerade bei Kranken, die eine Windel tragen, gefährdet. Es entsteht sehr rasch eine feuchte Kammer, welche die Haut aufweicht. Es ist daher ein häufiger Windelwechsel einschließlich Waschung notwendig. Mitunter darf die Haut nur abgetupft werden, um deren Aufreißen zu verhindern. Danach muß die Haut mit einer fettreichen Haucreme geschützt werden.

d) Ernährung

Um die Hautfunktion zu unterstützen, sollte die Nahrung vollwertig und besonders einweiß- und vitaminreich sein. Kranke mit Untergewicht sollten zusätzliche Kalorien erhalten.

Achtung: Auf eine ausreichende Flüssigkeitzufuhr ist besonders zu achten (mindestens 1,5 Liter über 24 Stunden). Die Haut Betagter ist bereits trockener und anfälliger, zuwenig Flüssigkeit verstärkt das Risiko einer Schädigung um ein vielfaches. Sollte es trotz aller Sorgfalt bei der Pflege zu einem Dekubitus gekommen sein, bedarf er medizinischer Versorgung und liegt damit in den Händen des Arztes. Er entscheidet über die weitere Behandlung. 

 

Die Gelenkversteifung (Kontraktur) 

 

Wird ein Gelenk zu wenig bewegt, besteht die Gefahr einer schmerzhaften Gelenksteife. Durch Verkürzung von Muskeln unbd Sehnen, durch Schrumpfung der Gelenkkapsel oder Verwachsung der Gelenkflächen kann es letztendlich zur völligen Gelenkversteifung kommen. Durch Bewegung und eine funktionelle Lagerung kann der Kontraktur jedoch vorgebeugt werden. Besonders gefährdet sind Menschen mit einer eingeschränkten Beweglichkeit, etwa bedingt durch Lähmung, Gelenkverschluß (Arthrose) oder Gelenkentzündungen (Arthritis), ferner durch Muskel- und Sehnenerkrankungen, durch Narben und Verbrennungen in Gelenknähe, durch Schmerzen, die zusätzlich eine Schonhaltung fördern. Grundsätzlich kann an jedem Gelenk eine Gelenksteife entstehen, wenn es zu wenig bewegt wird.

 

Typische Symptome einer Kontraktur: 

 

  • Zwangshaltung
  • Schmerzhafte Bewegungseinschränkung
  • Hilfsbedürftigkeit beim Bewegen.

 

Die am häufigsten vorkommende Kontraktur ist der sogenannte Spitzfuß. Beim bettlägerigen Kranken wird der Fuß durch das Gewicht der Bettdecke nach vorn gedrückt. Versteift das Fußgelenk in dieser Stellung, ist eine normales Auftreten damit nur noch auf Zehenspitzen und dies nur unter Schmerzen möglich.

 

Vorbeugende Maßnahmen 

a) Mobilisation

Sie kennen sicher das Sprichwort, wer rastet, der rostet. Halten Sie Ihren Angehörigen dazu an, sich so viel als möglich aus eigener Kraft zu bewegen. Nutzen Sie jede Gelegenheit zur Mobilisaton, etwa beim Essen oder Waschen, wo Sie den Kranken dazu auffordern können, sich zu setzen. Ist das Aufstgehen nicht mehr möglich, sollten mindestens zweimal täglich alle Gelenke im Bett bewegt werden. Lassen Sie den Kranken die Gelenke so oft als möglich selbst bewegen und unterstützen Sie ihn bei Bedarf.

Bewegungsübungen: 

 

  • Radfahren im Bett
  • Pedale treten (Antreten gegen einen Widerstand)
  • Anziehen und Strecken der Füße
  • Kippen der Füße nach links und rechts
  • Fußkreisen in Innen- oder Außenrichtung

Bitte beachten Sie besonders, daß ein Gelenk immer nur bis zur Schmerzgrenze und nie gegen Widerstand bewegt wird. Beachten Sie ferner, daß spezielle Übungen nur unter Anleitung eines Krankengymnasten erfolgen darf. Eine weitere Möglichkeit bieten die isometrischen Übungen. Sie belasten das Herz-Kreislaufsystem nicht. Bei diesen Übungen werden die Muskeln mittels allmählich gesteigerten Druck gegen Widerstand, jedoch ohne Bewegung und Preßatmung angespannt, dann für drei Sekunden so gehalten und dann von einer etwa achtsekündigen Entspannung abgelöst. Ein Übungsabschnitt dauert etwa zwei Minuten. Für diese Übungen muß der Kranke fähig sein, die Anleitungen exakt zu verstehen und umzusetzen. Die Anleitung sollte zu Beginn durch eine krankengymnastische Fachkraft erfolgen.


b) Lagerung

Muß Ihr Angehöriger gelagert werden, sollten die Gelenke abwechseln zwischen Beuge-, Streckstellung und der sogenannten physiologischen Mittelstellung gehalten werden. Hierbei ist ein extremes Beugen oder Strecken des Gelenkes zu vermeiden. Ein Spitzfuß kann durch folgende Maßnahmen vermieden werden:


  • Durch ein festes Kissen oder eine Schiene wird das Fußgelenk in einer Neunzig-Grad-Stellung gelagert, so daß der Fuß einen Widerstand hat.
  • Tragen von knöchelhohen Turnschuhen tagsüber im Bett
  • Der Druck der Bettdecke wird vermieden durch untergelagerte Hilfsmittel, beispielsweise einem Bettbogen.

 

Bei Schlaganfallkranken darf an allerdings auf die Fußsohle des gelähmten Beines keinen Druck ausüben. Diese Kranken müssen die Fußgelenke durch selbst durchgeführte Bewegungsübungen beweglich halten. 
Es ist zwar verständlich, daß der Schlaganfallpatient weiterem Schmerz durch Schonhaltungen vorbeugen will; doch gerade durch den damit verbundenen Bewegungsmangel werden Krämpfe gefördert, die den Schmerz verstärken. Ein Teufelskreis setzt sich hierdurch in Gang, der nur durch eine gezielte ärztliche Schmerztherapie aufgelöst werden kann.