Pflege bei Patienten mit Ulcus cruris

In der Umgangssprache ist der Ulcus cruris bekannt als "offenes Bein". Darunter versteht man einen Hautdefekt am Unterschenkel, der mindestens bis in die Lederhaut reicht.

 

Das Ulcus cruris tritt einzeln oder mehrfach auf. Wir unterscheiden:

 

  1. arteriell bedingter Ulcera cruris, Häufigkeit ca. 5 Prozent
  2. venös bedingter Ulcera cruris, häufigste Form mit ca. 85 Prozent
  3. Mischformen, ca. 10 Prozent

Zu den Ursachen gehören sowohl arterielle als auch venöse Gefäßleiden. Sie führen über einen herabgesetzten Stoffwechsel in den Zellen zu Störungen in der Ernährung der betroffenen Körperabschnitte. Im Akutfall sterben sie ab. Am ausgeprägtesten und augenfälligsten sind die Veränderungen der Haut, da sie das relativ am schlechtesten versorgte Organ ist und zudem in ständigen Kontakt zur Außenwelt steht.

Eine Schwerstform der Veränderungen ist die Ulcusbildung. Während venös bedingte Ulcera auf eine chronische Schwächung der Venen (chronisch venöse Insufizienz) zurückzuführen sind, sind arteriell bedingte Hautdefekte Endzustand einer arteriellen Verschlußkrankheit an der Peripherie des Körpers.

 

Typische Hautveränderungen bei Ulcera cruris

 

  • Glänzende, dünne und leicht verletzbare Haut durch Verlust der Elastizität
  • Braun-gelbe oder eine blaßbläulich fahle Hautfarbe, besonders bei venösen Grundleiden
  • Verletzungsbedingte unregelmäßige, kleine Narben infolge der schlechten Heilungstendenz
  • Entzündliche Veränderung bei bakterieller oder mykotischer Folgeinfektion
  • Nagelveränderungen
  • Harte, rote, schmerzhafte "Platten" kurz vor der Ulcusentwicklung

 

Beim chronisch venösen Ulcus cruris ist der bevorzugte Entstehungsort der Innenknöchel und die Innenseite der Unterschenkel. Sie sind münz- bis handtellergroß und können bis auf die Muskelhülle (Faszie) oder den Knochen reichen. 


Beim arteriellen Ulcus cruris dagegen ist der Entstehungsort an Druckstellen, wie der Ferse und den Zehen. Seltener ist die Ursache eine Erkrankung der peripheren Nerven (Polyneuropathie). Arteriell bedingte Hautdefekte zerstören fast immer Haut, Weichteile (Muskeln, Faszie, Sehnen) und auch den Knochen. Viele Diabetiker haben arteriell (mit-)bedingte Ulcera, die außer an Fersen und Zehen auch tiefreichend unter dem Mittelfuß sitzen. Von ganz besonderer Bedeutung für die Behandlung ist die differenzierte Diagnose, ob es sich um ein arterielles oder ein venöses Ulcus handelt. 

 

Auch die pflegerischen Maßnahmen unterscheiden sich grundlegend, sind sogar häufig widersprüchlich zueinander. Grundsätzlich steht bei einem Ulcus die Wundversorgung im Vordergrund und nicht die Behandlung der Ursache. Kontraindiziert sind trockene Wundverbände. Sie ermöglichen nur in sehr beschränktem Maße die Aufnahme von Wundsekret und Blut. Zudem kann der notwendige häufige Verbandswechsel (bis zu mehrmals täglich) zusätzliche Infektionen begünstigen. Bei jedem Verbandswechsel wird das Gewebe verletzt. Bewährt hat sich die Feuchttherapie. Sie ermöglicht eine aktive Wundreinigung und beugt so Infektionen vor.

 

Sogenannte Hydrokolloid-Verbände nehmen überschüssiges Wundsekret auf, lösen beginnende Nekrosen (abgestorbene Zellen) auf, aktivieren den Selbstreinigungsprozeß der Wunde und beschleunigen die Regeneration des Gewebes. Durch die Aufnahme des Wundsekrets quillt der Verband auf, und es bildet sich ein Gel, das neu gebildetes Granulationsgewebe schützt.

  

Dabei entsteht eine Blase unter dem Verband. Nähert sich diese Blase dem Rand des Verbandes, muß dieser gewechselt werden; oft erst nach mehreren Tagen. Vor dem Anlegen des Verbandes wird die Wunde mit 0,9prozentiger Kochsalzlösung gesäubert und mechanisch von Belägen befreit. Die Umgebung rund um das Ulcus cruris sollte mit Öl gereinigt und mit Linola-Fett gepflegt werden. In jedem Fall gilt, daß nur ein Arzt die genaue Vorgehensweise der Behandlung festlegt. Eine ausgewogene Ernährung unterstützt die Ulcusheilung. Unterschiede der weiteren pflegerischen Maßnahmen bei arteriellen Durchblutungsstörungen bzw. venösen Rückflußstörungen.

 

Pflege bei arterieller Ursache

 

  • Wissen um die Wegstrecke, die ein Patient schmerzfrei zurücklegen kann 
  • Bei kalten Extremitäten Wärmezufuhr mittels Einpacken, keine Wärmflasche 
  • Druckentlastung der Beine (Bettdecke) 
  • Beintieflagerung 
  • Verletzungen der Beine verhindern 
  • Tägliches Gehtraining 
  • Optimale Hautpflege 
  • Strümpfe aus Naturfasern 
  • Breites Schuhbett 
  • Vermeidung von Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht, cholesterinhaltige Kost 
  • Keine Hochlagerung der Beine!
     

Pflege bei venöser Ursache

 

  • Schutz der Beine vor Druck (zu enges Schuhwerk), Stoß und Hitze  
  • Hochlagerung der unteren Extremitäten, dabei ein Abknicken in der Hüfte vermeiden 
  • Bewegung, um das gestaute Blut abzupumpen (außer bei einer akuten Thrombose) 
  • Kein zu langes Sitzen oder Stehen 
  • Anlegen eines Kompressionsverbandes 

Dem Kompressionsverband kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Er wirkt der Ursache der Entstehung eines venös bedingten Ulcus cruris entgegen, nämlich der Stauung des Blutes. Durch den von außen geschaffenen Druck erhöht sich die Fließgeschwindigkeit des Blutes in den schlaffen Venen. Der Kompressionsverband kann, wenn nicht fachgerecht angelegt, eher schaden als nützen. Dies gilt ebenso für den oben beschriebenen Verbandswechsel. Es ist daher ratsam, die Hilfe professioneller Pflegekräfte in Anspruch zu nehmen.